Trakl im Orientexpress
JAZZIT / FRANZ PILLINGER
14/11/14 Kurz vor Ende des Trakl-Gedenkjahres hat nun auch der Salzburger Bass-Tausendsassa Franz Pillinger seine Hommage an den vor hundert Jahren verstorbenen Dichter präsentiert. Mit seinem EastWest-Projekt unternahm er am Donnerstag (14.11.) im Jazzit eine musikalische Rundreise quer durch dessen Lyrik und Leben.
Von Christoph Pichler
Pillingers Interesse für den Lyriker ist freilich nicht erst durch das Jubiläum geweckt worden. Der Salzburger Musiker hatte einst den ausgewiesenen Trakl-Experten und -Biographen Hans Weichselbaum als Lehrer und ließ sich so auch bereits bei seiner ersten Solo-Sonate aus dem Jahr 1986 vom Dichter inspirieren. Den ersten Satz dieses Werks baute er nun auch in den Zyklus „Vom Klang der Seele“ ein, der Trakl in Form eines Sonetts Ehre zollt.
Dass Pillinger da allein in seine Basssaiten greift, ist allerdings die Ausnahme, hat er doch mit dem Oud- und Ney-Solisten Karim Othman-Hassan, dem Klarinettisten Oscar Antoli und dem Keyboarder Georg Vogel drei musikalische Mitstreiter um sich geschart, die allesamt ihre eigenen musikalischen Temperamente beisteuern. Othman-Hassan nimmt neben Bassbiest Pillinger, der als Conferencier die einzelnen Nummern mit Anekdötchen einleitet, die zweite Schlüsselrolle ein. Der Kurde versteht es nämlich nicht nur, dem Abend mit seinen Instrumenten eine dezitiert orientalische Note zu verpassen. Er ist auch für die lyrischen Zitate zuständig, die er in so eleganter wie eindringlicher Manier unter die Musik legt.
Eine beeindruckende Performance liefert auch Oscar Antoli ab, dessen Klarinette sich oft einträchtig mit Oud oder Bass verbündet, dann aber wieder einsam über alles hinweg kreischt. Dem Argentinier wie auf den Leib geschneidert wirkt ein kurzer Abstecher in die Welt des Tangos. Dass er aber auch den Blues bestens beherrscht, kann er bei der Zugabe unter Beweis stellen, wo er sich mit viel Energie, Emotion und dem gleichzeitigen Einsatz zweier Klarinetten sogar Szenenapplaus abholt. Den „Joker“ im Quartett gibt Georg Vogel mit seiner eigenbrötlerischen Tastenarbeit. Meist beschränkt er sich darauf, sporadische Farbtupfer unters Klangbild zu mischen oder in rhythmische Sequenzen kleine Stolperer einzubauen.
So arbeiten sie sich zu viert quer durch die Musikgeschichte und -theorie. Nehmen beim Freejazz ebenso Anleihen wie an arabischen Maqam-Improvisationen oder vereinen moderne Loop-Beats mit traditioneller orientalischer Rhythmik. Wenn Trakls Verse immer so kenntnisreich und kunstvoll präsentiert würden, dürfte das Gedenkjahr ruhig noch etwas länger dauern.