Ein Halleluja für Nosferatu
DIALOGE / VORSCHAU
25.02.2010 Bald wird die neue Königin der Instrumente im Großen Saal des Mozarteums gekrönt: Dame Gillian Weir wird den ersten Hofknicks machen. Das nächste "Dialoge"-Festival der Stiftung Mozarteum von 6. bis 9. Mai steht ganz im Zeichen der neu gebauten Orgel.
Ein "unvertretbarer Zustand" sei es gewesen, "über Jahre nur den Prospekt zu sehen und zu wissen, die Orgel ist nicht zu spielen". Das sagt Stiftungs-Präsident Johannes Honsig-Erlenburg. Ihm und Stephan Pauly, dem künstlerischen Leiter der Stiftung, hat darob das Herz geblutet, denn beide haben einen Organisten-Hintergrund.
Gut fünfzehn, zwanzig Jahre war die alte Orgel im Großen Saal des Mozarteums desolat, nur ausnahmsweise und "mit Bauchweh" ist sie gespielt worden. Im Verlauf der letzten zwei Jahre ist nun das alte Gehäuse ausgeräumt worden (die alte Orgel wurde in eine polnische Kirche weiterverkauft). Ein funkelnagelneues Orgelwerk ist entstanden. Bei dieser Gelegenheit hat man gleich auch den Prospekt nach ursprünglichen Jugendstil-Plänen wiederhergestellt. Die Pfeifen sind jetzt schlanker, sie reichen bis zum Plafond. Zwei vergoldete Figuren und anderes Original-Dekor gab es noch auf dem Dachboden.
Am 6. Mai, zum Auftakt des nächsten Dialoge-Festivals, wird das neue Instrument erstmals gespielt, und dann kommen vier Konzerttage, die es in sich haben. Es sei ein Anliegen gewesen, so Stephan Pauly in einem Pressegespräch, "einen großen Bogen zu spannen über das Repertoire". Und dieses Repertoire hält eben viel mehr bereit als "fromme", kirchentaugliche Musik. Da wird also gleich am ersten Abend (6.5.) Klaus Lang in einer Auftragskomposition Orgel und Mozarteumorchester zusammenführen und - mit verteilten Musikergruppen - den Raum erkunden. Francis Poulencs Konzert für Orgel, Streicher und Pauken ist ein Klassiker des 20. Jahrhunderts und ein Händel-Orgelkonzert darf zu einem solchen Anlass natürlich nicht fehlen.
Als nächstes ist ein "dunkler, gruseliger Abend" versprochen, der in Murnaus Horror-Stummfilm "Nosferatu" mündet, der stilvoll mit Live-Orgelmusik untermalt wird. In einem Konzert am Samstag (8. Mai) ist die romantische Orgelwelt das Thema, und dann sind die "Familienangehörigen" der Orgel eingeladen: Akkordeon, Bandoneon funktionieren ja auch mit schwingenden Zungen, wie manche Orgelregister. Da darf schon mal ein Orgelstück von Froberger auf dem Akkordeon erklingen und Musik von Cage auf der Orgel.
Der nicht-liturgische Anteil an zeitgenössischer Musik für Orgel sei sehr überschaubar, sagt Stephan Pauly - und mit dem neuen Instrument im Großen Saal hofft man auch in diese Richtung Impulse zu geben. In der nächsten Saison wird es einen Orgelzyklus geben.
Doch zurück zu den "Dialogen" (6. bis 9. Mai): "The phantom of the opera" ist ein weiterer live mit Orgel untermalter Stummfilm. An zwei Abenden gibt es zu später Stunde "Nachtstücke", ein Panorama von weniger geläufiger Orgelmusik. Und für ein Konzert stellt man das neue Instrument dem Claviorganum aus St. Peter, aber auch Flötenuhren und anderen mechanischen Musikinstrumenten gegenüber.
Dame Gillian Weir, Klaus Lang, Wolfgang Mitterer, Bernhard Haas, Elisabeth Ullmann, Heribert Metzger und Dennis James sind die weiteren Orgel-Künstler der ersten Konzertstunden.
"Eine gute Million Euro" habe der Neubau gekostet, sagt Stephan Pauly - die Stiftung hat das Instrument gestiftet bekommen von der Propter Homines-Stiftung von Herbert Batliner, deren Namen wird die Orgel auch tragen.
(dpk-krie)