Botschafter der Liebe
SALZBURGER JAZZ-HERBST / RYAN SHAW
02/11/11 Erst heuer wieder für einen Grammy nominiert, begeisterte der 31jährige Ryan Shaw bei seinem Salzburg-Debüt am Montag (31.10.) im Europark. Zwar brachte er nicht - wie vollmundig angekündigt - das Oval „zum Beben“, wohl aber die Herzen der anwesenden Weiblichkeit.
Von Horst Reischenböck
Dabei hatte der Einstieg der Rhythmusgruppe als Miniaturcombo zunächst befürchten lassen, die Akustik würde heillos überdröhnt - und es würde wieder einmal Ohropax benötigt werden. Aber die Schrecksekunde währte nicht lange. Die beiden Begleiter und Backgroundsänger John Aschettino (Gitarre) und Michael Lindsey (Bass), sowie der Drummer Keith McCray konnten im Laufe des Abends ihr persönliches Feeling in ihren Soli einbringen. Vor allem aber regelten sie sich positiv sofort selbst, als Ryan Shaw die „White Cliffs of Dover“ intonierte.
„I’m looking for love!“ Liebe in allen Facetten war dann das Thema seines Auftritts, samt der Aufforderung „People, get ready!“ Für die Liebe eben. Ryan Shaws Adressat war das gesamte Auditorium, das er mit fast zu viel Entertainment ansprach. Ein wenig erinnerte er damit an die Reggae-Ikone Bob Marley. Obwohl man’s ihm durchaus abzunehmen gewillt war: Nämlich, dass ihm die aktive Publikumsbeteiligung beim Mitsingen eine Herzensangelegenheit ist. Wie auch die oftmalige Aufforderung „Clap your hands!“ durchaus ernst gemeint war. Die Grenze zum Musikantenstadel lag allerdings bedenklich nahe. Es fehlten bloß noch die Feuerzeuge in den schwingenden Händen.
Hatte das Ganze überhaupt noch etwas mit Jazz zu tun? Nun, Ryan Shaw kommt ursprünglich von der Gospel-Szene her und bewegte sich danach dann vokal in durch Marvin Gaye oder Wilson Picket beeinflussten Gefilden. Gesegnet ist er mit einer ausdrucksstarken kraftvollen Stimme bis in hohe Register hinein, die in ihrer Virtuosität Vergleiche mit Bobby McFerrin nicht zu scheuen braucht. Wenn er Tribut an sein Vorbild Michael Jackson zollt, scheint er diesen vor dem geistigen Auge fast leibhaftig singend erstehen zu lassen.
In erster Linie war’s diesmal mehr „Soul Music“ denn „Soul Jazz“, wobei die Grenzen ja fließend sind. Jedenfalls war die Begegnung mit Ryan Shaw eine weitere spannende Facette im diesjährigen Jazz-Herbst Angebot und wurde vom Publikum nach fast zwei Stunden herzlich bedankt.