… zu aller Leuten Verwunderung
HINTERGRUND / MOZART IN MARIA PLAIN
14/08/11 Seit zwanzig Jahren eröffnet die Salzburger Bachgesellschaft ihre Konzertsaison am 15. August - „Maria Himmelfahrt“ - in Maria Plain. Jahr für Jahr mit einem Konzert wie aus dem Musterbuch.
Von Heidemarie Klabacher
Für höchste Vokalensemble-Kultur steht das „Collegium Vocale Salzburg“ unter der Leitung von Albert Hartinger. Für Atmosphäre und einzigartiges Ambiente zwischen Natur und Bau-Kunst die Basilika, die Erzbischof Maxgandolf von Kuenburg von Giovanni Antonia Dario errichten ließ.
Größten Wert legt Albert Hartinger seit zwanzig Jahren auf die Maria Plainer Programm-Dramaturgie: „Die Werke sind genau auf diesen Sakralraum, in dem schon die Familie Mozart musiziert hat, abgestimmt.“ Mozart und Michael Haydn stehen im Mittelpunkt, aber auch andere Komponisten aus dem Umfeld der Salzburger Hofmusik.
„Hat ein Fürst eine noch so gute Capelle und hält nicht wenigstens einen Chor, Trompeter und Pauker, scheint an der Vollkommenheit seines Hofstaates etwas zu fehlen“, schrieb 1795 Johann Ernst Altenburg über die Trompeter- und Paukerkunst. In Salzburg bildeten sogar 12 Hof- und Feldtrompeter neben der „eigentlichen Hofmusik“, der Dommusik und den Kapellknaben, eine fixe Komponente im Hofstaat. Trompeter begleiteten den Fürsten bei Auftritten in der Öffentlichkeit und wirkten bei Feiern mit. So der Salzburger Musikwissenschaftler Gerhard Walterskirchen im Programmheft.
Im Jubiläumsjahr findet das Konzert der Bachgesellschaft in Maria Plain zweimal statt: Am Freitag (12.8.) war der Auftakt. Morgen Montag, 15. August, dem traditionellen Termin zu „Maria Himmelfahrt“, erklingen Mozart und Co. noch einmal: eingeleitet von „Trompeten-Aufzügen“, mit denen der Augustinerpater Ignatius Dautermann zur Trompeter- und Paukerkunst beigetragen hat.
Die Mozarts, aber auch Michael Haydn, sind nach Maria Plain gepilgert, das ist aus den Briefen der Familie Mozarts und der Biographie Michael Haydns bekannt: „Dokumentarisch belegt ist Mozarts Teilnahme am Zentenarfest der Wallfahrtskirche: Mozart trat am 19. August 1774 mit einem Orgel- und Violinkonzert „zu aller Leuten Verwunderung“ in Maria Plain auf, vermutlich auch mit seinen Messkompositionen KV 192 und/oder KV 194“, schreibt Gerhard Walterskirchen.
Neben Messkompositionen gehören Motetten von Michael Haydn zum Kernrepertoire des Collegium Vocale der Salzburger Bachgesellschaft, das vom Salzburger Barockensemble auf Originalinstrumenten begleitet wird. Weg vom opernhaften Stil zurück zur Klarheit der Gregorianik und zur Strenge des Kontrapunkts - das war einer der Ansprüche, die Michael Haydn an eigene Werke stellte: „Ein bemerkenswertes Beispiel dafür ist Michael Haydns Antiphon für zwei vierstimmige Chöre Ave regina coelorum MH 140 vom März 1770, die eine Studie im Palestrina-Stil, zugleich eine Entwicklungsstufe zur Pflege der altklassischen Polyphonie darstellt, wie sie im 19. Jahrhundert von der Reformbewegung des Cäcilianismus als Ideal verfochten wurde.“
Im Zentrum des Konzerts: Mozarts Missa brevis in F-Dur KV 192 für vier Singstimmen, zwei Violinen, Bass und Orgel. Mozart beendete diese Messe am 24. Juni 1774 in Salzburg. Auch sie enthalte, so Walterskirchen, kontrapunktische Elemente und thematische Anlehnungen an den Gregorianischen Choral. „Mozart besann sich, ähnlich wie Michael Haydn, in der Absicht, einen wesenseigenen Sakralstil zu schaffen, auf die Tradition der Kirchenmusik. Nur Kyrie und Agnus Dei beginnen mit instrumentalen Vorspielen, der Vokalsatz erhält dadurch besondere Betonung.“
Das (und nicht die oft fälschlich genannte "Krönungsmesse") ist jene Messe, von der vermutet wird, dass sie für das am 26. Juni 1774 gefeierte Krönungsfest des Gnadenbildes in der Wallfahrtskirche Maria Plain entstanden sein könnte. - Eine der schönsten Messen Mozarts ist sie sicherlich.