Liebesgeschichten und Heiratssachen
DELIRIUM 2010
12/11/10 „Wenn ich sage, dass es nicht klingt, dauert die Generalprobe halt bis 17 Uhr“, sagt Gustav Kuhn. Das Ungewöhnliche am „Delirium“ liege denn auch nicht in der Programmierung, sondern in der Rückhaltlosigkeit, mit der seine Künstler sich „über die Musik definieren“. Im Klartext: sich ihrem Maestro ausliefern.
Von Heidemarie Klabacher
Beim Orchester der Tiroler Festspiele Erl gibt es keinen „Dienst nach Vorschrift“. Geprobt werde bei Bedarf auch mal sieben bis acht Stunden täglich. Bei der Qualität mache er keine Kompromisse, betont Gustav Kuhn, ganz charismatischer Despot. „Wenn das vierte Horn nach dem vierten Hinweis noch immer zu hoch spielt, muss es das Orchester eben verlassen."
In der aus diesem Proben-Delirum resultierenden musikalischen Qualität liege für ihn das „Abweichen von der Norm“, das er auf die Fahne seines Festivals geheftet hat. "Das Ungewöhnliche liegt in der Struktur und der Intensität der Zusammenarbeit, nicht in den gespielen Werken."
Das „Delirium“ am letzten Wochenende vor Weihnachten fand 2007 und 2008 bereits in Salzburg statt, nicht aber im Vorjahr: „Eine unterbrochene und wieder aufgenommene Liebesgeschichte.“
Das Festival kehrt 2010 als neu gegründeter „Verein Salzburg Delirium Kultur“ mit einem neuen Hauptsponsor - der Salzburger Sparkasse - und weiteren namhaften Sponsoren zurück. Die Verträge, auch mit dem Saalvermieter „Stiftung Mozarteum“, seien für drei Jahre abgeschlossen worden. „Mit Option auf Verlängerung“, berichtete Vereinspräsident Michael Ikrath vom Sparkassenverband heute Freitag (12.11.) bei der Programmpräsentation im „Sacher“.
Die Tourismus-Referate von Stadt und Land Salzburg beteiligen sich mit je fünftausend Euro. Man gehe davon aus, so Ikrath, dass sich die öffentliche Hand eine Ehre daraus machen werde, ein so hochkarätiges Festival ebenfalls mittelfristig zu unterstützen.
Und was wird gespielt? Mozart, Tschaikowsky, Wagner, Beethoven. Und: Angelo di Montegral.
Dieser „Komponist“ sei mit ihm auf mystische Weise verbunden, schilderte Kuhn mit kräftigem Augenzwinkern. Angelo die Montegral könne man sich als eine Art Schutzengel vorstellen. Aber eben nicht der Art, die ihn über rutschige Brücken geleitet (außer vielleicht im Kultbetrieb), sondern ihm von Zeit zu Zeit Musik "diktiere". Genaueres verrät Kuhn nicht.
Das Werk jedenfalls heißt „Offertyrio II“ und ist für Orgel, Klavier vierhändig, Großes Orchester und Rezitator. Rezitieren wird Peter Simonischek. „Offertyrio II“ wird am 17. Dezember im Großen Saal uraufgeführt, gefolgt von Mozarts Klavierkonzert c-Moll KV 491 mit Peter Lang als Solisten, und der „Fünften“ Tschaikowsky.
Am 18. Dezember folgen auf den Montegral Wagners Sigfried-Idyll und Tschaikowskys „Sechste.“ Die Gruppe „Franui“ ist - mit einem Brahms-Programm - ebenfalls wieder dabei. In dieser Matinee am 19. Dezember wird Sven-Eric Bechtolf aus Ödon von Horwaths erstem (posthum veröffentlichten) Roman „36 Stunden“ lesen. „Eine Liebesgeschichte, die aber nur 36 Stunden dauert. " Abschluss und Höhepunkt am 19. Dezember: Beethovens „Neunte“.