Himmlischer Auftakt
KULTURVEREINIGUNG / UNGARISCHE NATIONALPHILHARMONIE / FARKAS
20/05/22 Zum letzten Mal startete die neue Konzertsaison der Salzburger Kulturvereinigung im Mai. Ab nächster Spielzeit geht es, wie bei allen anderen Veranstaltern, im Herbst los. Nun zu Gast im Festspielhaus die Ungarische Nationalphilharmonie mit Kodály und Mahler.
Von Horst Reischenböck
Béla Bartók und Zoltán Kodály galten im vorigen Jahrhundert als die miteinander befreundet beiden bedeutenden Dioskuren unseres östlichen Nachbarstaates. Der Erstere wird viel gespielt, Werke des Letzteren sind eher selten auf Programmen anzutreffen. Da freut es doppelt, wenn ein renommierter Klangkörper wie die Ungarische Nationalphilharmonie die Variationen über das ungarische Volkslied „Der Pfau“ spielt, eine von Kodálys eher raren rein orchestralen Kompositionen.
Die hochgesteckten Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Nach der längeren Einleitung wuchsen unter Róbert Farkas‘ instruktiver Zeichengebung die 16 Variationen der Melodie mit ihrem aus dem Arabischen stammenden Anteil nahtlos zum großen Fresko. Vorerst vornehmlich von den Streichern satt artikuliert, ging’s in typisch magyarisch akzentuierte tänzerische Rhythmen und, nach zwei Drittel, zu einem emotional berührend ausdrucksstarken Tempo di Marcia funebre. Mit dem ähnlich der Introduction ausgedehnten Finale bekräftigten die ungarischen Gäste, dass ihnen ihr Landsmann eine Herzensangelegenheit bedeutet.
Danach, in Gustav Mahlers Vierter im lichten G-Dur, boten die Schellen den Anknüpfungspunkt zum Kopfsatz. Dirigent Róbert Farkas ging ihn bewusst als Reminszenz an klassische Vorbilder an, wie sie auch das reduzierte Instrumentalaufgebot vorgibt. Die amerikanische Aufstellung mit den Celli vorn an der Rampe kam dabei deren mitunter geforderter Aufsplittung zugute.
Mahlers Anweisungen wurden in allen vielfältigen Abstufungen penibelst befolgt – bis hinein in die Katastrophe-Anklänge aufrührerischer Trompeten. Wunderbar nachdenklich aus „Sehr langsam und etwas zögernd“ setzte das Allegro eins drauf. Das geringfügig beschwingtere Scherzo bot dem Konzertmeister Gelegenheit, sich klanglich durch seine höher gestimmte „Fidel“ abzuheben, während den Gipfel des hervorragend zelebrierten langsamen dritten Satz die exquisite Zwiesprache von Oboe und Solo-Hornist bildete.
Im „Lied“ Wir genießen die himmlischen Freude befolgte Réka Kristóf mit lyrischem Sopran Mahlers Vorgabe „mit kindlich heiterem Ausdruck, durchaus ohne Parodie“. Und auch Farkas entsprach absolut der an ihn als Dirigenten gerichteten Aufforderung „die Sängerin äußerst diskret“ zu begleiten. Nach dem nachdenklich verdämmernden Ende wurden alle Ausführenden stürmisch gefeiert und bedankten sich – nona – mit einem „Ungarischen Tanz“. Aber von Johannes Brahms.
Heute Freitag (20.5.), stehen vor der Vierten Mahler Kodálys Tänze aus Galanta und die selten gespielten Symphonischen Minuten op. 36 von Ernö von Dohnányi auf dem Programm - www.kulturvereinigung.com
Bild: KV / Leopold