Heimspiel für einen Gastdirigenten
KULTURVEREINIGUNG / NDR RADIOPHILHARMONIE / MANZE
11/11/21 Berühmter Trompeter spielt berühmtes Konzert! Geplant war ja ein Gastspiel der BBC Philharmonic. Kurzfristig übernahm die NDR Radiophilharmonie unter der Leitung von Andrew Manze die drei Termine im Großen Festspielhaus. Begeistert hat der Startrompeter Sergei Michailowitsch Nakariakov.
Von Horst Reischenböck
Um die Trompete als Soloinstrument ist es nach dem Barock still geworden – bis ins vergangene Jahrhundert hinein. Dann schuf etwa der vor gut hundert Jahren in Armenien geborene Alexander Arutjunjan mit seinem Konzert für Trompete und Orchester As-Dur – ein für die Solisten überaus dankbares und für die Hörer spontan anspringendes Opus. Der in sieben Abschnitte gegliederte Einsätzer wurde seit 1950 zum Schaustück zum beliebten Vorzeigeobjekt bei Wettbewerben. Der aus Gorki stammende Trompeter Sergei Nakariakov hat das Stück in Salzburg übrigens 2005 schon einmal gespielt – und war ihm auch diesmal ein beredter Anwalt. Spontan überrumpelnd mit locker-lässiger Virtuosität formte er mittendrin zart gedämpft die typisch östlichen Lyrismen aus, in bester partnerschaftlicher Übereinstimmung mit derNDR Radiophilharmonie unter der Leitung von Andrew Manze. Als Zugabe folgte ein Novum: Grigorias Ionica Dimicus fetziges Hora Staccato, mühelos geblasen in Vater Mikhail Nakariakovs Arrangement für Trompete und Streicher.
Es leucht ein, dass bei kurzfristigem Einspringen eine ursprünglich geplante Werkfolge nicht zur Gänze zu übernehmen ist. So kam statt Dvořák Bruckner zu Ehren: Seine Achte in ihrer geläufigen Zweitgestalt von 1890 war ein mehr als nur würdiger Ersatz für des Böhmen Siebte. Andrew Manze ist das Große Festspielhaus von Auftritten wie jüngst als Gastdirigent vor dem Mozarteumorchester her bestens bekannt. Mit großräumig spinnengleichen Zeichen, die an Sir John Barbirolli erinnerten, übermittelte er seine gewonnenen Erfahrungswerte der NDR Radiophilharmonie, die sich als versiertes Rundfunk-Orchester in allen Bereichen von ihrer besten Seite her präsentierte. Manze ging den Kopfsatz überaus energisch und schlank an. Entgegen der vom Komponisten überlieferten Anweisung, „moderato“ und nicht zu schnell zu spielen, vergab sich Andrew Manze dadurch allerdings vorerst manch nachdenklicher Momente. Dann aber führte er zusammen mit den fulminant artikulierenden Blechbläsern zur dramatischen Klimax, gefolgt vom zutiefst emotionalen in dreifachem Pianissimo erschütternden Ausklang. Das Scherzo bot dann den exzellenten Holzbläsern alle Möglichkeiten zur Entfaltung ihres Könnens. Im Adagio mischten sie sich klangschön in die satt getönten Streicher und das rhythmisch akzentuierte Finale – ein gemeinsamer bekrönender Abschluss.
Groß war der Jubel. Leider – und wohl den derzeit unsicheren Gegebenheiten geschuldet – war der fulminante Termin mit vielen leeren Plätzen im Parterre nicht im gewünschtem Maß nachgefragt.