Das Gute klingt so nah
KULTURTAGE / TIROLER SINFONIEORCHESTER / LYNIV
14/12/21 24 Jahre liegt der erste und einzige Auftritt des Tiroler Symphonieorchester Innsbruck in Salzburg schon wieder zurück. Unter der Leitung der renommierten Dirigentin Oksana Lyniv gaben die Innsbrucker den fulminanten Auftakt zur ersten „Woche der Österreichischen Orchester“ im Rahmen der Kulturtage.
Von Horst Reischenböck
Auf dem Programm stand mit Brahms, Liszt und Dvorák ein hochromantisches Programm-Tripel. Eröffnet wurde mit den Variationen über ein Thema von Haydn – das vermutlich wohl gar nicht von Joseph Haydn, aber dennoch von großem Reiz ist – und Johannes Brahms dazu diente seine meisterliche Instrumentierungskunst zu beweisen. Die Variationen op. 56a sind auch in der inneren Abfolge wie eine sinfonische Vorstufe zu Größerem, Nachdrücklicherem. Oksana Lyniv, gebürtig aus Brody in der Ukraine nahe Lemberg (wo übrigens Mozarts Sohn Franz Xaver tätig war), ist als Dirigentin international längst kein Geheimtipp mehr. Zusammen mit dem Tiroler Sinfonieorchester gestaltete sie jedes Detail subtil getreu der Vorlage, hielt sich aber über dem samtigen Timbre der Streicher bis in den tempomäßig dann doch angezogenen Schluss elegant zurück: Vielleicht, um vorerst die akustischen Gegebenheiten im nicht restlos voll besetzten Großen Festspielhaus auszuloten?
Keine Rede von Zurückhaltung dann im Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 Es-Dur von Franz Liszt: Da fühlte es sich emotional an wie die Eruption eines Vulkans: Funken sprühten schon aus dem Tutti-Auftakt, gefolgt vom überrumpelnden Thema, dem der berühmte Freund Hans von Bülow die Worte „Das versteht ihr alle nicht“ unterschob. Als Solist trieb der russische Pianist Denis Wirtorowitsch Kozhukhin – auch von Gestalt ein Hüne – mit „Mörderpranke“ die Ereignisse zusätzlich voran. Es war vornehmlich ein Kraftakt, Wie einst, Augenzeugenberichten nach, der Komponist selbst als Solist Attacken ritt, denen nur wenige Klaviere standhielten. - Wohl aber der Steinway auf dem Podium, dem Kozhukhin neben glitzernd virtuosen Läufen immerhin auch einige verinnerlichte Momente abgewann. Auch in den Zugaben aus dem Fundus pianistischer Miniaturen – An den Frühling und Arietta aus den Lyrischen Stücken von Edvard Grieg – walteten Frieden und Ruhe.
„Ich wollte ein von meinen anderen Symphonien verschiedenes Werk mit individuellen, in neuer Weise ausgearbeiteten Gedanken“ formen, sagte einst Antonin Dvorák. Herausgekommen ist die Symphonie Nr. 8 G-Dur op. 88 mit ihrer immer frappierenden Überfülle an Gedanken und musikalischen Ideen, die einst schon Leos Janácek bewunderte: „Es treten hier gleichzeitig zwei, drei bis fünf markante Motive auf. Und was das Wichtigste ist, Dvorák führt eine solche Figur nicht bis zum Überdruss durch. Kaum hast du sie kennengelernt, schon winkt dir freundlich die zweite. Du bist in einer ständigen angenehmen Erregung.“
Es war der Höhepunkt des Kulturvereinigungskonzertes am Mittwoch (13.10.) im Großen Festspielhaus: Das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck unter Oksana Lynivs energisch straffer Diktion begeisterte das Publikum. Nach kämpferischem Duktus des Anfangs die Binnensätze genussvoll weich und tonschön von den Holzbläsern artikuliert, ehe abschließend die strahlende Trompetenfanfare in die hinreißend ausmusizierten Variationen des Schluss-Satzes Allegro ma non troppo mündete. Bejubelte Zugabe war der schwungvoll hingefegte Slawische Tanz Nr. 8 in g-Moll op. 46.
Die Salzburger Kulturtage bis 19. Oktober - www.kulturvereinigung.com
Bilder: KV / Leberer
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