Hoch-Zeit für Mahlers „Dritte“
KULTURTAGE / MOZARTEUMORCHESTER / MINASI
30/09/21 Das Mozarteumorchester unter Riccardo Minasi spielt zum Auftakt der Kulturtage Gustav Mahlers klingende „Schöpfungsgeschichte“. Anregungen für seine „Dritte“ hat der Komponist eins am Attersee gefunden.
Von Horst Reischenböck
Zum Zeitpunkt ihres Entstehens war es die bis dahin längste Sinfonie der Musikgeschichte. Angeregt worden war Gustav Mahler von seinen Aufenthalten in und um Steinbach am Attersee in den Sommern der Jahre 1895 und 1896. Zunächst hatte Mahler programmatische Satzbezeichnungen vorgesehen - Pan erwacht. Der Sommer marschiert ein. Was mir die Blumen auf der Wiese erzählen. Was mir die Tiere im Walde erzählen. Was mir der Mensch erzählt. Was mir die Engel erzählen. Was mir die Liebe erzählt - sich aber zuletzt dagegen entschieden. Ein ursprünglich geplanter siebter Satz - Was mir das Kind erzählt - wurde unter dem Titel Das himmlische Leben Schluss-Satz der Vierten.
Wie in der Vierten komponierte Mahler auch den ausufernden Kopfsatz der Dritten ganz zuletzt. Dieser überrumpelt bis heute mit seinem machtvollen – am Mittwoch (29.9.) zum Auftakt der Kulturtage von acht Hornisten des Mozarteumorchester phänomenal geblasen – erstem Signal. Grandios, wie der sonore Klang im Großen Festspielhaus sich ausbreitete. Aufregend, wie die immer wieder aufflackernden kämpferischen Trauermarsch-Rhythmen in jene - vom Komponisten selbst als „sentimental“ bezeichnete - Episode des Solo-Posaunisten mündeten. Der Kampf, den auch Violine des Konzertmeisters zu besänftigen trachtet, fand dann nach gut 35 Minuten zu einem versöhnlichen Schluss. Vergleichbare Werke der Klassik oder Frühromantik waren da längst zu Ende…
Mahlers elementarer Naturverbundenheit ergab sich Chefdirigent Minasi danach zusammen mit den gewohnt gefühlvoll und virtuos musizierenden Holzbläsern - sowohl im graziösen „Blumenstück“ des Menuetts, wie auch im vornehmlich grotesken Scherzo samt tirillierndem Vogel-Gezwitscher. Eine weitere Zäsur ist der Auftritt der Solo-Altistinund des Chores, der Damen des Bachchors und des Salzburger Festspiele und Theater Kinderchor. Trefflich einstudiert durch Christiane Büttig und Wolfgang Götz.
Die Altistin Kate Aldrich verinnerlichte Friedrich Nietzsches Trunkenes Lied des Zarathustra (das übrigens auch Richard Strauss zu einer Tondichtung anregte). Gegenüber dem Orchesterapparat und dem Engels-Chor hatte die Solistin jedoch in Sachen Textverständlichkeit einen schweren Stand – sodass lediglich ihr melodisch-thematisch verbindender Anklang ans Finale der vierten Sinfonie erkennbar wurde.
Zum Ausklang steigerte sich Riccardo Minasi mit suggestiven Gesten sich und seine Instrumentalisten in mehreren sich steigernden Anläufe in eine überwältigende Apotheose hinein: Ein großes tönendes Fresko. Ganz, wie es Mahler gegenüber Anna Bahr-Mildenburg ausdrückte: „So bildet mein Werk eine alle Stufen der Entwicklung in schrittweiser Steigerung umfassende musikalische Dichtung. Es beginnt bei der leblosen Natur und steigert sich bis zur Liebe Gottes.“ Keine Frage: Diese vom Mozarteumorchester in allen Facetten umgesetzte Botschaft kam an und wurde entsprechend bedankt. - Und kann heute Donnerstag (30.9.) und morgen Freitag (1.10.) nochmals erlebt werden!
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Bilder: KV / Die Bilder sind Impressionen vom ersten „Musikalischen Spaziergang“ der Kulturvereinigung, einem neuen Veranstaltungsformat von und mit Kulturvereinigungs-Leiter Thomas Heißbauer. Der erste Spaziergang führte über vier musikalische Stationen „Auf den Spuren von Mahlers 3. Symphonie“ zu Originalschauplätzen der Entstehung am Attersee