Musik zur Literatur
MOZARTEUMORCHESTER / ANTONY WALKER
14/01/19 In Geberlaune bot das Mozarteumorchester mit der „Sonntagsmatinee“ vom 13. Jänner unter der Leitung des Gastdirigenten Antony Walker im Haus für Mozart ein fulminantes Debüt mit Berlioz und Tschaikowski. Glanzlichter setzte Veronika Hagen mit der Viola.
Von Horst Reischenböck
Heutzutage wird große Literatur verfilmt. Früher waren Romane und Dramen Ausgangspunkt für Sinfonien: für die Hörer Anregung zu eigenen Bildern im Kopf. Erfunden hat das der Klassik-Zeitgenosse Carl Dittersdorf, den Ovids Metamorphosen zu einem halben Dutzend Kompositionen animierten. In der Romantik wurde die Idee dankbar von Pjotr Tschaikowski mit Manfred nach Lord Byron oder - weniger bekannt - von Josef Rheinberger mit Schillers Wallenstein aufgegriffen.
Auf Hector Berlioz wurde für Harold en Italie op. 16 durch Erinnerungen an eigene Italien-Reisen, etwa durch die Abruzzen, beeinflusst: Diese Symphonie in vier Teilen mit Viola solo ist ein einzigartiges originelles Werk das in seinen vier Sätzen aus dem Leben von Lord Byrons jungen Titelhelden erzählt. Die Solisten haben während der langen Adagio-Einleitung zum Kopfsatz zu pausieren, ehe sich die Viola zart mit ihrer Berlioz‘ typischen „idée fixe“ präsentieren darf. Der etwas melancholischen Melodie, die vornehmlich in den ersten drei Teilen aufscheint. Ein Abendgebet der singenden Pilgern im Allegretto und die wiegende Serenade im Allegro assai zählen zu den Höhepunkten, während nach dem Einstieg ins Finale lange auf die letzte resignative Wiederkehr des Themas gewartet werden muss.
Veronika Hagen als Solistin folgte voll Hingebung der in der Sinfonie zumeist wenig virtuosen Aufgabe: Zart abgestuft kostete, lotete sie die klanglichen Möglichkeiten des edlen Instruments in ihren Händen tonschön aus. Trotz leidenschaftlichen Einsatzes konnte sie aber doch nicht verhindern, dass sie vom vollen Tutti im Eifer des Gefechts in der Parterre-Mitte eher nur mehr optisch zu erleben war. Ein Problem der Durchschlagskraft im Alt-Stimmenbereich, mit dem Bratscher auch innerhalb eines Orchesters gelegentlich zu kämpfen haben. Diesmal war es aber auch der für Orchesterkonzerte nicht so optimalen Akustik im Haus für Mozart geschuldet, das derzeit als Ausweichquartier fürs Große Festspielhaus herhalten muss.
Der aus Australien gebürtige, vornehmlich in Nordamerika tätige Dirigent Antony Walker war um differenzierte Assistenz bemüht, ehe er dem letzten Allegro „frenetico“ doch die Zügel schießen ließ. Jener Satz, in dem sich Berlioz‘ Temperament endlich jene freie Bahn schafft: Genauso wie in der für ihn charakteristisch zündenden Konzertouvertüre op. 21 Le Corsaire“. Auch dies ein mitreißendes Erlebnsi.
Zum krönenden Abschluss des Vormittags vom Sonntag (13.1.) animierte Antony Walker das blendend disponierte Mozarteumorchester zu einer fulminant überwältigenden Deutung von Tschaikowskis dante-inspirierter Orchesterfantasie e-Moll op. 32 Francesca da Rimini. Gemäß der Überschrift „Wer hier eintritt, lass alle Hoffnung fahren“ ist Werk erschütternd in der Darstellung der Hölle und dann, emotional bewegend ausgespielt, durch das Thema der Liebenden. Bewegend interpretiert vom Klarinettisten Ferdinand Steiner und von den Holzbläser-Kollegen sowie der warm timbriert streichenden Cello-Gruppe subtil aufgegriffen. Der zur Hymne sich steigernden Idylle der Violinen setzte Antony Walker dann wirkungsvoll ein aufrüttelnd brutales Ende.