Das Leben nur ein Echo?
ARGE KULTUR / BLANK MANUSKRIPT
12/02/18 Stammeskrieg und Vogelkult. Vom Himmel durch die Welt zur Hölle. Vom Wahnsinn des Krieges und der Seele des Soldaten. Es sind Geschichten vom Menschen, die „Blank Manuskript“ erzählen, betörende Rock-„Liederzyklen“ von größter Suggestions- und Sogkraft, eingebettet in eine fulminante Bühnenshow.
Von Heidemarie Klabacher
Für ihre jüngste Show „Krásná Hora“ haben sich Blank Manuskript zu einem „sozialen Selbstexperiment“ auf einem Bauernhof in Tschechien verzogen. Untersucht – und in seither vielfach überarbeitete und überformte Musik gegossen – wurden Fragen nach dem „sozialen Potenzial“ des Individuums, nach Einzelgängertum und Gemeinschaft oder nach menschlicher Beziehung und Beziehungsfähigkeit. Über acht Episoden vom vorgeburtlichen Leben in „Foetus“ bis zum Tod in „The last Journey“ spannt sich der Bogen von „Krásná Hora“.
Entstanden ist wiederum eine überaus suggestive und sogstarke Show: musikalisch und szenisch überzeugend mit aller Blank Manuskript-typischen Farbigkeit im Instrumentalsatz und Vielfältigkeit im musikalischen Material. Faszinierend wie das Licht mit einzelnen Spots - da auf das Schlagzeug, dort auf ein glänzendes Blasinstrument - feine Akzente setzt. Dennoch fallen bei „Krásná Hora“, besonders gegenüber der letzten Bühnenproduktion, starke inhaltliche und musikalische Geschlossenheit und dramaturgische Zurückhaltung auf.
Keine Teufelshörner sind auch OK. Das Bühnen- und Kostümdesign von Lena Kalt und Linda Hofmann, alias „ausstattungshelden.com“, und die Beleuchtung von Robert Herbe bilden ein umso wirkungsvolleres Setting für die Hauptsache: Die Musik wird nicht von einem Bandmitglied allein „komponiert“, sondern „entsteht“ im Prozess. Sie spielt diesmal viel weniger offensichtlich als in Vorgängerproduktionen mit Zitaten aus der „klassischen“ Musikgeschichte bis herauf zu Pink Floyd oder Genisis. Die kundig verarbeiteten Elemente des Art-Rock, von der Klavierballade bis zum brutalen Riff, sind nach wie vor alle vorhanden. Sogar Leonhard Cohen scheint - in der Nummer „Silent Departure“ - einmal vorbeizukommen. Doch mit „Krásná Hora“ sind Blank Manuskript sich selbst noch um einen deutlichen Schritt näher gekommen, künstlerisch eigenständiger geworden.
Angemerkt werden muss, dass ein gewöhnlicher berufsmäßiger Klassik-Konzert-Besucher zu Blank Manuskript nicht ohne Ohrstöpsel gehen kann und will. Auch Pianissimo und stille Momente in betörend lyrischen Passagen etwa von Flöte oder Klarinette, in kurzen hervorragenden Vokalsätzen oder Soli der akustischen Gitarre, kommen auf einem Grundpegel vielfachen Fortissimos daher.
Die CD war diesmal – Premiere von „Krásná Hora“ war am Samstag (10.2.) in der ARGEkultur – noch nicht fertig: Blank Manuskript werde seinen Tonträgern aus Energie- und Authentizitätsgründen künftig nur mehr live-Mitschnitte zugrunde legen, erzählte Dominik Wallner vor der Zugabe dem Publikum nach Konzertende. Das Album – egal ob Vinyl, wie die letzte Platte, oder Silber – wird auf jeden Fall eine bereits eindrucksvolle Dokumentation künstlerischer Entwicklung bereichern. Der Erfolg von Blank Manuskript zeigt sich ja schon längst in internationalen Tourneen: Von 13. bis 18. Februar touren Jakob Aistleitner, Peter Baxrainer, Manuel Schönegger, Jakob Sigl, Dominik Wallner und Alfons Wohlmut durch Großbritannien. Weitere Gastspiele in Österreich und ein Auftritt in Frankreich folgen noch in der ersten Jahreshälfte.