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Als Haydn die beste Popmusik schrieb

STIFTUNG MOZARTEUM / CONCENTUS MUSICUS

31/05/17 Als äußerst lebendig erwies sich der Concentus Musicus bei seinem Salzburger Sonderkonzert im Großen Saal des Mozarteums am Dienstag (30.5.). Ein reines Haydn-Programm sorgte für musikalische Hitze und funkelnden Spielwitz an einem heißen Gewitterabend: Harnoncourts blühende Verlassenschaft.

Von Gottfried Franz Kasparek

Joseph Haydns frühe „Feuersymphonie“ in A-Dur Nr. 50 ist ein typisches Werk der „Sturm und Drang“-Zeit, voll mit wagemutigen harmonischen Experimenten und schillernden Klangfarben. Der Concentus mit Urgestein Erich Höbarth als Konzertmeister und dem neuen Leiter Stefan Gottfried am Hammerflügel trat in kleinstmöglichster Besetzung auf, wie es anno 1768 in Einsenstadt wohl auch noch gewesen ist: Sechs Geigen, zwei Bratschen, ein Cello, Britta Bürgschwendtner am Kontrabass – eigentlich: Violone –, zwei Oboen, Fagott, zwei Hörner, alles natürlich in barocker Ausfertigung. Nun, Nikolaus Harnoncourt hat durchaus nach der Größe des Saals besetzt, wie dies auch Haydn getan hat. Aber für den nur dem Namen nach „Großen“ Saal in der Schwarzstraße ist diese feine Kleinheit genau richtig. Zumal, wenn so beherzt und klangsinnlich musiziert wird. Das leuchten die Pointen, da glühen die Darmsaiten, da krachen die Naturhörner, da perlt der Flügel, dass es eine Freude ist. Und ja, ein Cembalo hätte da nichts mehr zu suchen. So alt die Instrumente sein mögen, so zeitlos modern ist diese Musik. Haydn war, auch was Instrumente betrifft, am Puls der Zeit und oft dieser voraus.

Stefan Gottfried stürzte sich voll jugendlichem Elan in das D-Dur-Klavierkonzert, das ist jenes mit dem Rondo all’ungarese als Finalsatz. Die Balance zwischen Solist und Orchester glückte nahezu immer. Der Pianist musizierte partnerschaftlich inmitten des Orchesters, reizte das schöne Fortepiano bis an seine Grenzen aus, aber nie darüber. Das Stück ist ja sozusagen im Windschatten Mozart, um 1783, entstanden, was im Adagio zu frühromantischen Gefühlen führt, die Gottfried klar und unsentimental herausarbeitete. Wirklich mitreißend gelang das Finale mit seiner pulsierenden Pusztarhythmik zwischen magyarischem Csardas und serbischem Kolo. Wie schön waren Zeiten, in denen ein Haydn oder Mozart die beste Popmusik schrieben.

Nach der Pause erfreute Altmeister Erich Höbarth mit edlem Ton im C-Dur-Violinkonzert von 1765 – man könnte das charmante Stück als Haydns liebevollen Abschied vom Barock bezeichnen. Da darf manchmal, wie der unvergessliche Harnoncourt es nannte, „intelligentes Vibrato“ vorkommen, doch im Grunde herrscht innerer Glanz. Zum Abschied gab es die „Abschiedssymphonie“, nicht bloß ein Jux, sondern eine der tiefsten, sogar verstörenden, experimentellsten Symphonien Haydns. Da kann es passieren, dass man sich im allzu sehr zerdehnten Adagio eine dirigierend ordnende Hand wünschte, so klug Stefan Gottfried das Geschehen auch vom Flügel aus leitete. Doch dies ist das sprichwörtliche Jammern auf höchstem Niveau. Mit hintergründigem Witz, stets auf der Kippe zur Tragödie, erklangen die schnellen Sätze, lapidar und berückend klangschön geriet das Abschiedsfinale. Und als nur mehr die zwei Geigen am Podium waren, wurde es finster. Betont herzlicher Applaus – und eine Zugabe ist nach diesem Ende ohnehin nicht angesagt.

Bei der Grazer Styriarte wird Stefan Gottfried mit dem Concentus Musicus als Cembalist konzertieren (Bach pur, 8.7., Wassermusik, 11.7.) und allein auf dem Hammerflügel zu hören sein (23.7., Schloss Gamlitz) – www.styriarte.com
Bild: Styriarte / Claudia Tschida

 

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