Junges forsches Musizieren
STIFTUNG MOZARTEUM / DOVER QUARTET
15/03/17 Seinen Namen leitet das junge amerikanische Streichquartett von Samuel Barbers „Dover Beach“ her: Eine frische Brise temperamentvoller Spieldynamik zeichnet das Dover Quartett aus. Im Wiener Saal feierte es im Rahmen der Kammermusikreihe der Stiftung Mozarteum sein Salzburg Debüt.
Von Elisabeth Aumiller
Mit kraftvoller Verve stiegen die vier Streicher in Mozarts letztes Streichquartett KV 590 ein. Ihr vorwärtsdrängendes dynamisches Musizieren ließ sofort aufhorchen und nahm die Zuhörer bis zum letzten Ton gefangen. Mit Spannung und schwungvoller Lebendigkeit formten sie Bögen und Linien der sanglichen Thematik. Mit exzellenter Phrasierung setzten sie differenzierte Akzente und vielfarbige Schattierungen. Ihr Spiel war zupackend kraftvoll, aber auch von Tonschönheit geprägt.
Nicht nur die Tonqualität schien ihnen wichtig, sondern ebenso die dahinter stehende Aussage, die sie mit Ausdruckskraft vermittelten. Die bei Mozart meist erwartete spritzige Schwerelosigkeit gaben sie hier nicht auf graziös verspielte Art, sondern mit einer guten Portion interpretatorischer Ernsthaftigkeit, die aber nicht der spielerischen Musizierlust entbehrte. Die Turbulenz und kontrapunktische Vielschichtigkeit ließen sie eindringlich aufscheinen. Das gute Zusammenspiel verbarg nicht, dass hier jeder mit bemerkenswerten solistischen Qualitäten aufwarten konnte.
Der intensive Einsatz erfuhr noch Steigerung bei den nachfolgenden Quartetten von Beethoven und Smetana. Die Intensität des Musizierens sprengte fast den Rahmen des Wiener Saals. Was nicht bedeutet, dass die vier Streicher nicht auch feine Nuancen und verhaltene Lyrik ins f-Moll von Beethovens op.95 , sein „Quartetto serioso“ , einbrachten.
Eine unglückliche Liebe, heißt es, sei der Hintergrund dieser Quartett-Komposition Beethovens, die an Spieldauer eines der kürzeren seiner Quartette ist. Eine Art abgeklärte Leidenschaftlichkeit und Ernsthaftigkeit ist der musikalische Tenor dieser Satzfolgen, die zwischen Allegro- und Allegretto-Varianten pendeln und vor dem finalen Agitato mit einem melancholischen Larghetto von großem Zauber berühren. Das dunkle Unisono am Beginn hatte edle Klangtönung, Kontraste, unvermittelte Akzentuierungen und rhythmische Wechsel wurden bewusst gestaltet und wieder zum großen Bogen zusammengeführt.
Biografische Programmatik prägt Bedřich Smetanas e-Moll Quartett „Aus meinem Leben“. Die vielschichtigen sinnlichen Eindrücke wurden vom Quartett in ebensolcher Vielfältigkeit wiedergegeben. Die Musiker boten eine weitere Steigerung an intensiver Motorik und klanglichen Ausformungen. Teilweise schien es, als wollten sie ein ganzes Orchester vorstellen. Einzig das böhmische Kolorit kam nicht in seiner vollen Charakteristik zum Ausdruck. Aber reizvolle Feintönungen wurden mit aufgemischt zum schwungvollen Instrumententanz.
Jedes der vier Instrumente führte eine klare Tonsprache, qualitativ hoch angesetzt. Schön das Cellosolo und die Bratsche und mit tonangebendem Leuchten die Primgeige. Farbige Verzierungen wechselten mit kraftvoll entschlossenen Phrasen. Unheimlich das bedrohliche Tremolo am Ende, bevor das Klingen ins Nichts verlöscht. Dem großen Applaus wurde noch eine Zugabe gewährt, bei der das Quartett sich so ganz „zu Hause“ gab: Duke Ellingtons „ In a sentimental mood“ , ebenso vorgetragen. Ein bemerkenswertes Salzburg- Debütkonzert des jungen Quartetts, dessen Ausgangspunkt das Curtis Institute of Music in Philadelphia ist und das sich bereits erfolgreicher internationaler Karriereschritte rühmen kann.