Einem Globetrotter auf der Spur
HINTERGRUND / KULTURFONDS / DIALOGE
29/11/16 Wenn heuer bei den Dialogen das Mozart-Requiem aufgeführt wird – ein Pflichtprogrammpunkt rund um Mozarts Geburtstag – ist das mehr als Routine: Das Werk wird nämlich in jener Fassung gespielt, die der Salzburger Komponist Sigismund von Neukomm im Jahr 1821 mit einem „Libera me, Domine“ in Rio de Janeiro vervollständigt hat.
Für das umfängliche Forschungs-, Film- und Konzertprojekt Projekt „Saudade“, das Sigismund von Neukomm (1778-1759) gilt, bekommen Ulrike Halmschlager und Herbert Lindsberger heute Dienstag (29.11.) im Rahmen der Kulturfonds-Verleihung der Stadt den Förderpreis für Kunst und Kultur.
Ulrike Halmschlager studierte Film und Fernsehen, Studienrichtung Kamera, an der Kunst-Universität Wien. Als Kamerafrau bei Cinevision in Salzburg und später als selbständige Filmerin wurde sie für ihre Arbeit mehrfach ausgezeichnet, etwa für ihren Film „Ilse, wo bist du?“ über ihre demenzkranke Mutter. Dazu hat sie auch ein Buch geschrieben.
Herbert Lindsberger studierte Viola, Schulmusik und Instrumentalmusik an der Universität Mozarteum. Er ist Bratschist im Mozarteumorchester, musiziert u. a. mit dem Concentus Musicus, den Musiciens du Louvre Grenoble und dem oenm – österreichisches ensemble für neue musik. Für das Projekt „Saudade“, gemeinsam mit Ulrike Halmschlager, gründete er das Ensemble Academia Leopoldina.
Seit mehr als zehn Jahren ist der Musiker und Musikwissenschaftler Herbert Lindsberger mit akribischem, fast detektivischem Forscherdrang auf den Spuren von Sigismund von Neukomm unterwegs. 22 Jahre nach Mozart in der Getreidegasse 10 geboren, ist der zu Lebzeiten hoch berühmte Musiker, Kosmopolit und Komponist von mehr als zweitausend Werken in Salzburg praktisch vergessen. Er war Schüler von Johann Michael und Joseph Haydn, musizierte am Zarenhof in St. Petersburg, war ab 1809 Hauspianist von Talleyrand in Paris und begleitete diesen zum Wiener Kongress. Mit dem Herzog von Luxemburg reiste er 1816 nach Brasilien, wo er fünf Jahre lang am Kaiserhof in enger Verbindung mit Leopoldine von Österreich wirkte.
Basierend auf den Recherchen und musikalischen Aktivitäten von Herbert Lindsberger zur „Wiedererweckung“ von Sigismund Neukomm in seiner Geburtsstadt Salzburg, übersetzte Ulrike Halmschlager die (weltum-)spannende Biographie und das Wirken des Sigismund von Neukomm in die lyrische, seit ihrer Premiere im Sommer 2015 viel beachtete Filmdokumentation „Saudade – Rendezvous in Brasilien“.
„Saudade“ heißt auf Portugiesisch Nostalgie, Sehnsucht. Zum Projekt von Herbert Lindsberger und Ulrike Halmschlager zählen neben dem Film Konzerte der Academia Leopoldina, eine DVD, eine CD und ein Hörbuch, das auch als Bildungsmaterial für Schulen fungiert. Zur kontinuierlichen Fortsetzung der gemeinsamen Arbeit haben Herbert Lindsberger und Ulrike Halmschlager die „arge neukomm/leopoldine“ gegründet.