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Was ist österreichische Musik?

CD-KRITIK / CHRISTIAN MUTHSPIEL'S YODELGROUP / "MAY"

26/08/10 Wo die für ein Land typische Musik beginnt oder endet, ist schwer zu beantworten, befinden wir uns doch in einem Crossover-Zeitalter, vielmehr noch -populärmusikalisch gesehen - am Hofe von König Plagiatus.

Von Per Peterson

Dessen Volk verlangt „internationaler Produktion“, und das bedeutet nichts anderes als die Forderung, möglichst einheitlich zu klingen - Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. Nicht erst seit dem Ö3-Austropop-Boykott in den 90er Jahren ist klar, dass Österreich wenig musikalische Identität besitzen will. Auf der anderen Seite wird eine pseudo-originale Musikwelt kreiert, welche die Bezeichnung „Volksmusik“ schlicht nicht verdient.

Christian Muthspiel´s Yodel Group geht mit dem im Auftrag des Jazzfestivals Saalfelden produzierten Album „May“ einen ganz anderen Weg: Als Jazzmusiker weiß Muthspiel um die Notwendigkeit des Sich-Veränderns, des Sich- Bewegens. Hier geht es nicht um Anbiedern an einen Trend, sondern um das Schätzen der eigenen Wurzeln.

Natürlich ist auch in diesem Fall in gewisser Weise von „Crossover“ die Rede, jenem ausgelaugten farblosen Begriff, der per se schon ein Qualitätsmerkmal darstellen soll. Aber Muthspiel kreuzt nicht einfach Jazz mit Volksmusik um des Vermischens willen sondern erschafft eine neue Musik, die sowohl dem Einen als auch dem Anderen gerecht wird. Kaum zu sagen, ob die Basis für Muthspiels CD zeitgenössischer Jazz oder österreichische Volksmusik ist; zu sehr lässt sich Muthspiel auf beides ein, lässt beides grundsätzlich wertfrei beziehungsweise wertvoll zu.

In der Besetzung Christian Muthspiel (Posaune Piano, Gesang), Gerald Preinfalk (Saxe &Klarinetten), Matthieu Michel (Trompete&Flügelhorn), Franck Tortiller (Vibraphon), Brad Jones (E-Bass) und Bobby Previte (Schlagzeug) gelingen wunderbare Momente des Verschmelzens, wie geschaffen sind die Stücke „Gußwerker“, „Andachtsjodler“ oder „Ho-Re-Mäher Jodler“ als Basis für die Improvisation.

Landestypische Volksmusik ist - ebenso wie Jazz - immer mit der Geschichte oder Bildern eines Landes verbunden. Das Hören dieses Albums fühlt sich an sich wie eine Reise zwischen Piefke- und Alpensaga, von Sonnenuntergangs-Dreiklängen und gemütlichem Zusammensitzen in der Bauernstubn hin zu schmerzenden Rücken und ausgelassener Festivität - all das in zeitgenössischer Tracht. Großartig: Gerald Preinfalks „Röhrender Hirsch im Morgengrauen“ zu Beginn des „Königsberger Jodlers“.

Apropos: Trotz des des Bandnamens „Yodelgroup“ wird auf dem Album tatsächlich wenig gejodelt. Mit Vocoder ausgerüstet jodelt Muthspiel selbst den „Langenwanger Jodler“. Und hier zeigt sich wieder einmal in aller Klarheit: Lederhosen und Dirndl führen nicht zwangsläufig zu authentischer Musik. Aber wenn dies ehrlich gewollt ist, funktioniert das bestens mit elektronischen Effekten, funkigen Rhythmen, ausschweifender Harmonik und untypischer Instrumentierung.

Die CD „May“ ist erschienen bei Material Records (031-2) und erhältlich bei Lotus Records. - www.materialrecords.com, www.lotusrecords.at
Heute, Donnerstag (26.8.) beginnt das Jazzfestival Saalfelden. Die CD "May" von Christian Muthspiel's Yodelgroup - eine Auftragskomposition für das Jazzfestival Saalfelden 2009 - wird morgen, Freitag (27.8.) um 15.30 Uhr im Nexus Saalfelden (Kafka Saal) vorgestellt.
Zum Programm des Jazzfestival Saalfelden 2010 (26.-29.8.): www.jazzsaalfelden.com


 

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