Jahresregent Pergolesi
CD-KRITIK / PERGOLESI / GEISTLICHE MUSIK
21/05/10 Wer an Neapel denkt - und das soll man ja bei den heute, Freitag (21.5.) beginnenden Pfingst-Festspielen -, dem fällt spontan natürlich als einer der ersten Giovanni Battista Pergolesi ein. Vor dreihundert Jahren ist er geboren worden.
Von Horst Reischenböck
Für ein CD-Dreierpack vorwiegend mit geistlicher Musik zeichnete Claudio Abbado als Dirigent verantwortlich. Die Stücke wurden mit dem auf Originalinstrumenten spielenden, in Bologna beheimateten Orchestra Mozart, in der dortigen Chiesa di Santa Cristina della Fondazza aufgezeichnet.
Natürlich durfte dabei einmal mehr das berühmte und sogar bis in das nachfolgende Jahrhundert hinein Form stiftende "Stabat Mater" nicht fehlen. Besonderes Interesse heischt allerdings vorerst einmal der Vergleich zweier "Salve Regina"-Vertonungen. Für Sopran gesetzt das frühe Antiphon in a-Moll und jenes in c-Moll, das möglicherweise Pergolesis letztes Werk darstellt, gesungen von Julia Kleiter. Davon gibt es auch eine nach des Komponisten frühem Tod gedruckte Zweitfassung für Alt in f-Moll (da singt Sara Mingardo), und in dieser Gestalt mutet das Stück sogar noch um eine Spur intensiver, schmerzlicher an.
Über welche Begabung in der Ausdeutung von Texten Pergolesi bereits am Ende seiner Ausbildungszeit am neapolitanischen Conservatorio d’ Poveri di Gesù Cristo verfügte, beweist eine von Veronica Cangemi berührend interpretierte Arie aus dem dramma sacro "La conversione e morte di San Guglielmo duca d’Aquitania" von 1731.
Nach starken Erdbeben haben die Neapolitaner den hl. Emidius zu ihrem Schutzpatron gewählen. Die diesem Heiligen gewidmete halbstündige Messe für Sopran, Alt, zwei fünfstimmige Chöre und zwei Orchester besteht nur aus Kyrie und Gloria. Schon der Einstieg packt den Hörer in seiner speziell dramatisch anmutend gesteigert dreiteiligen Forderung um Erbarmen durch den ausgezeichneten Radio- und Fernsehchors der italienischen Schweiz. Von den Lobpßreisungen des Gloria wird man geradezu überrumpelt: ein geniales Werk, das beispielsweise in den zutiefst emotionalen Miserere-Rufen des "Qui tollis peccata mundi" den Bogen bis zu Mozart schlägt.