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In die slawische Seele geblickt

MATTSEER DIABELLISOMMER / SLAWISCHE SEELE

25/08/14 Die nördlicheren Gefilde der slawischen Seele werden im Konzert nicht selten ausgeleuchtet. Dennoch ist ein so überaus sensibles und zugleich musikantisches Nach-Denken der „Gedanken“ – tschechisch „Dumky“ – von Antonin Dvorak eine Besonderheit. Und die südslawische Seele der kroatischen Komponistin Dora Pejacevic (1885 bis 1923) war ohnehin bislang unerforschtes Terrain.

Von Heidemarie Klabacher

Der Mattseer DiabelliSommer hat mit dem Kammerkonzert „Slawische Seele“ am Freitag (22.8.) in der Stiftskirche nicht nur einen musikalisch herausragenden und atmosphärisch – mit See und Kloster und Pause mit Wein und Brot unter der Linde auf dem Kirchplatz – wie immer stimmungsvollen Abend geboten.

Dieses Mal hat der künstlerische Leiter Gottfried Franz Kasparek eine echte Rarität ins Programm genommen: das Klavierquintett h-Moll op. 40 der kroatischen Komponistin Dora Pejacevic (1885 bis 1923). Benjamin Schmid, Clemens Hagen und Ariane Haering haben zu Beginn des DiabelliSommers bereits Dora Pejacevics Klaviertrio C-Dur op. 29 gespielt, die Pianistin Ardita Statovici hat die Klaviersonate As-Dur op. 57 in der Stiftskirche vorgestellt. Nun haben sich weitere hochkarätige Musikerinnen und Musiker ihres Klavierquintetts angenommen: Carsten Neumann und Irina Rusu (1. und 2. Violine), Herbert Lindsberger (Viola) Irina Smirnova (Cello) und Gerda Guttenberg (Klavier).

Uraufgeführt wurde das Klavierquintett h-Moll von Dora Pejacevic am 1. April 1818 in Zagreb – also in den letzten Tagen der Monarchie. Es ist ein großformatiges, im Grundgestus beinahe „symphonisch“ wirkendes Kammermusikwerk, das in großen Melodiebögen und mitreißend emphatischen Aufschwüngen daherkommt – und doch immer transparent bleibt. Zemlinksi fällt einem dazu ein, auch Korngold. Die Komponistin blieb, wie diese, innerhalb der Tonalität, schrieb dennoch alles andere als spät- oder postromantische Epigonenmusik. Dafür bricht sie opulentes Melodienschwelgen immer wieder in zu überraschenden Wendungen.

So münden etwa im ersten Satz „Allegro ma non troppo e con energia“ viele spannungsvoll aufgebaute Crescendi überraschend in leichtfüßiger melodischer Heiterkeit oder aber - kaum weniger überraschend - in hoch größerer Intensität und Dramatik. Grandios im ruhigen zweiten Satz die große Kantilene von Irina Smirnovas Cello und die zarten Melodien der hohen Streicher über dem delikat gespielten Klavierpart. Die unzähligen charmantem Wechsel zwischen tänzerischer, oft ein wenig bockiger Ironie und großer romantischer Liedhaftigkeit im dritten Satz Scherzo wurden von den Musikerinnen und Musikern mit virtuoser Wendigkeit und mitreißender Klangsinnlichkeit gestaltet. Beinahe ein kleines Klavierkonzert wird der Schluss des vierten Satzes Allegro. Aber auch hier entstand der Klang wie aus einem Guss, die Balance zwischen Streicher- und Klavierpart war perfekt. Und ein akustisches Wunderwerk ist die Stiftskirche Mattsee ja ohnehin.

Im ersten Teil des Abends spielten Carsten Neumann und Gerda Guttenberg zwei der Charakterstücke aus „Souvenir d’ un lieu cher“ von Pjotr Iljitsch Tschaikowski. Für Antonin Dvoraks „Dumky“ für Klavier, Violine und Violoncello e-Moll op. 90 gesellte sich Irina Smirnova dazu.

Diese so wendige, musikantische und klangsinnliche Interpretation der „Dumky“ (Gedanken) wird ebenfalls in Erinnerung bleiben: In diesen sechs Sätzen „outet“ sich die „Slawische Seele“ wohl am Bewegendsten: Klagende Melodien und heitere Tänze wechseln sich in rascher Folge ab – immer über den Weg raffinierter Modulationen, verträumten Innehaltens und heftigen Aufbrausens in der Agogik und des Auskostens der Lautstärke vom zarten Gesang bis zum deftigen Stampfen. Die „Slawische Seele“ stand hier exemplarisch für das Auf und Ab in der menschlichen Seele. Ein Erlebnis.

Zum dpk-Porträt über Dora Pejacevic Musik von der Tochter des Vizekönigs

 

Die weiteren Konzerte im Mattseer DiabelliSommer - www.diabellisommer.at

 

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