47 Minuten junges Leben in unserer Stadt
HINTERGRUND / JUGENDKULTUR / DU BIST SALZBURG!
14/02/12 „Halbstarke“ haben sie sich früher schimpfen lassen müssen. Hoffentlich wirklich nur früher. Denn viele junge Salzburger machen ganz starke Stücke. „Du bist Salzburg!“ ist ein Film von Salzburger Fachhochschul-Studenten, der ruhige Blicke auf eine produktiv-unruhige Jugendkulturszene wirft.
Von Reinhard Kriechbaum
Freilich, es gibt sie noch: die saloppen Bemerkungen junger Menschen, die gegen die Dominanz des Festspielstadt-Images ankämpfen zu glauben müssen, die eine Gefährdung eben der jungen Kultur orten. Aber das sind unterdessen eher nur Nebensatz-Bemerkungen. Was den Film „Du bist Salzburg!“ nämlich auszeichnet. Es spiegelt sich eine durch und durch positive Grundstimmung.
Da haben also Salzburger Fachhochschul-Studenten, angeführt von dem Filmemacher Clemens Schilcher und unterstützt vom Jugendbüro der Stadt Salzburg, junge Leute aufgespürt, die spektakuläre Dinge machen: Etwa Chris Bacher, einen „Freerunner“. Dessen freies Laufen ist eine herausfordernde Sache, denn Freerunner wählen die Direkte. Auch wenn gleich nebenan eine kommode Stiege wäre, suchen sie die Herausforderung glatter Wände. Auf der Festung oder auf dem Europark-Parkdeck gibt ein solcher Parcours schon spektakuläre Kameraeinstellungen her.
Knarf ist der Künstlername eines Graffiti-Sprayers, der nicht nur im Rahmen der städtischen Aktion „Salzwand“ auf Mauern bunte Kunstwerke hinterlässt. Er ist, wie wir erfahren, auch ein akribischer Tagebuch-Zeichner.
Der Breakdancer Alex Wengler bachte es ins Finale der „Großen Chance“. Eine Kollegin von ihm tanzt in der Gruppe MOT. Das heißt „My own thing“, und sie betont, dass das „eben unser Ding ist“. Wir – das sei eine so große Gruppe, dass die Stadt gut daran tut, diese aufblühende Szene (Stichwort Nobulus) auch zu fördern, meint die junge Dame, und man glaubt ihr aufs Wort.
Jugendliche erzählen also mit Leidenschaft über „ihr Ding“, über ihre Beweggründe, ihre Ziele – und vor allem auch über die Einschätzung des Stadt-Klimas für Jugendliche. Salzburg sei „eigentlich eine nette Stadt“, findet ein Skater, „aber viele Leute sind schon sehr aufs Geld aus“. Das Wichtigste sei, „dass der kleinbürgerliche Geist überwunden wird“. Das sagt Jochen Höfferer, der Chef-Jugendarbeiter der Stadt. Auch sein Kollege Thomas Schuster kommt ausgiebig zu Wort und der Zukunftsforscher Prof. Reinhold Popp. Der ortet eine hohe „Eigenkompetenz“, aber nach wie vor „extrem wenig Angebot im unteren Bildungsviertel“. Er könnte sich weniger „Pädagogik“ in den für junge Leute gemachten Initiativen vorstellen – jedenfalls „weniger Pädagogik als die Politiker gerne hätten“.
Die Szene ist reichhaltig, zwischen Kinderstadt und Movida Beach Festival, auch stadt-geographisch weit gestreut zwischen dem Skater-Areal in Salzburg Süd und der Almkanal-Welle. Dort fühlt sich Thomas Kargl wohler als die nörgelnden Anrainer. Die „Welle“ mache Salzburg „eine Spur jugendlicher“. „Ein bisserl mehr Offenheit würde ich einfordern“, sagt er selbstbewusst.
Und die Politik oder die Verdrossenheit an ihr? Ein Rapper versichert, dass ihn Politik „definitiv interessiert“. Aber „wirklich wichtig wird sie erst, wenn etwas schief läuft“. So lange „es so dahin tümpelt“, sieht er keinen Grund, auch noch seinen Senf dazu zu geben. Aus seiner Sicht geht es bei der Jugendpolitik (und bei der Politik insgesamt) „um die persönliche Freiheit – alles andere solln’s in ihren Parlamenten besprechen“.