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Kirche im Flashmob und vor dem Bierfass erleben?

HINTERGRUND / JUGEND / RELIGION

18/01/12 Religiöser "Gelegenheitskonsum" - an das Wort müssen sich konservativere Geister innerhalb der Kirche vermutlich erst gewöhnen. Dem Verhältnis zwischen Jugend und Kirche galt in der vergangenen Woche die Österreichische Pastoraltagung im Bildungshaus St. Virgil.

Die Kirche muss der Tatsache ins Auge sehen, dass ein größerer Teil ihrer Mitglieder - und hier besonders die jungen - nur bei besonderen Anlässen Kontakt zu ihr sucht: Das sagte der deutsche Pastoraltheologe Hans Hobelsberger (Paderborn) am Samstag (14.1.) bei der Österreichischen Pastoraltagung in Salzburg. Mit dem Anspruch, ihre Präsenz in der Kirche solle möglichst regelmäßig, dauerhaft und verbindlich sein, könnten gerade Jugendliche herzlich wenig anfangen. Die ihnen mittlerweile vertrauten Formen der Gemeinschaftsbildung seien eben anlassbezogen, erlebnisorientiert. Ästhetik und Technik spiele eine ebenso wichtige Rolle wie die allgegenwärtige Frage: Was bringt's?

Neben der klein gewordenen Gruppe der kirchlich gut eingebundenen Gläubigen gebe es eine Mehrheit von Katholiken mit lockerer Bindung, die zwar kirchliche Begleitung bei der Geburt eines Kindes, bei Eheschließung oder Todesfällen wünschten, sonst aber eher distanziert bleiben. Diese Gruppe gelte es anzusprechen ohne die "unrealistische Zielsetzung, sie in das Pfarrgemeindeleben einzubinden", riet Hans Hobelsberger.

Firmunterricht könne beispielsweise unter dieser Prämisse kein Vehikel sein, Jugendliche zu "vollwertigen Pfarrmitgliedern" zu machen. Für sie sei das "Projekt" Firmung mit der Sakramentenspendung zu Ende. Besser als auf dieses "halb leere" Glas zu schauen wäre es, als "halb volles" Glas die Chancen zu sehen, die in der mehrmonatigen Vorbereitungszeit liegen, und beispielsweise Antworten auf nicht gestellte Fragen zu geben.

Der deutsche Pastoraltheologe sieht eine Chance für eine "Jugendpastoral der Andersorte". Kirchliche Vertreter müssten freilich selbst in der Lage sein, die Frage nach der "Nützlichkeit" ihrer christlichen Überzeugung glaubwürdig zu beantworten. Die Fraghe dürfe nicht sein: "Erreichen wir Jugendliche?", sondern: "Erreichen uns die Jugendlichen?"

Ein "Flashmob", um religiöse Fragen zu thematisieren? Eine kurze, scheinbar spontane Menschenansammlung im öffentlichen Raum könne kurzfristig Gemeinschaft herstellen. Ein derartiger Flashmob wurde von der Katholischen Jugend bereits auf der Wiener Mariahilfer Straße zum Thema "Armut" durchgeführt, berichtete eine Teilnehmerin der Pastoraltagung: Zur Haupteinkaufszeit wurden damals Löffel aufeinandergeschlagen und Schreie ausgestoßen, da "Armut zum Schreien" sei.

Der Pastoraltheologe Hans Hobelsberger warnte vor einem sich abzeichnenden Fachkräftemangel in der Kirche: Jungen, qualifizierten Menschen müsse der Arbeitsplatz Kirche attraktiver gemacht werden, sonst blieben nur jene übrig, die anderswo nicht unterkämen. Eine professionellere Personalwerbung müsse gerade auch kantige Persönlichkeiten stärker ansprechen, die die "Kompetenz des Zweifelns" in der Seelsorge wachhalten. Der Pastoraltheologe wörtlich: "Wir brauchen viel mehr Paradiesvögel im Garten Gottes."

Rund fünfhundert Fachleuten aus Seelsorge und Pädagogik hatten sich von 12. bis 14. Jänner in St. Virgil eingefunden. Das Thema der Tagung war mehr als doppeldeutig: "Jugend geht ab"

Bei einer Podiumsdiskussion plädierte auch der für Jugendfragen zuständige Bischof Stephan Turnovszky für ein "Zugehen auf Jugendliche, das nicht auf Rekrutierung ausgerichtet sei, sondern auf Hilfe bei dem, was junge Leute heute brauchten". Arbeitslosigkeit sei ein Thema, das viele junge Menschen bewege. Er selbst nehme sich vor, mehr auf Jugendliche abseits organisierter Gruppen zuzugehen. Dabei setze er auf Social Media als jugendgemäße Kommunikationsschienen.

Zur mehrfach angesprochenen Kluft zwischen der Sprache der Jugend und jener der Kirche äußerte sich Turnovszky skeptisch hinsichtlich vorschneller Adaptierungen der Eucharistiefeier. Dieser dürfe man ruhig anmerken, dass sie keine "Feier unseres Jahrzehnts" und somit modeabhängig sei, so der Jugendbischof.

Auch Bundesjugendseelsorger Markus Muth lehnt - wie er sagte - eine "sprachliche Anbiederung" an Jugendliche für sich ab. Wichtig sei es aber, Räume anzubieten, in denen Jugendliche wie auch kirchliche Jugendverantwortliche authentisch sein könnten.

Auf ein niederschwelliges Angebot seiner Gruppierung machte Bernhard Adamec von "Regnum Christi", der Laienbewegung des Ordens "Legionäre Christi" (LC), aufmerksam. Bei der Reihe "Theologie vom Fass" laden Junge Christen in Bierlokalen in Wien, Linz und Salzburg zu Vorträgen über religiöse Themen. Nicht leicht sei es allerdings, nach einem Erstkontakt zu nächsten Schritten im Glauben zu motivieren. (Kathpress)

 

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