Zu Besuch in der Raumstation
SCHAUSPIELHAUS / SOLARIS
04/11/10 Und wieder ein dramatisierter Roman: Das Schauspielhaus Salzburg spielt „Solaris“ von dem polnischen Sience-Fiction-Autor Stanislw Lem. Auf der Raumstation hört man am liebsten Bob Dylan und verhält sich auch sonst auffällig.
Von Werner Thuswaldner
Es ist schon länger her, als sich Bücher und Filme über Sience Fiction größter Beliebtheit erfreuten. Vor allem Groschenromane und ihre Verfilmungen deckten den Bedarf eines großen Publikums. Eine bedeutende Ausnahme war der Pole Stanislaw Lem, ein Science-Fiction Autor mit Anspruch. Inzwischen ist es um den Mann, der höchste Auflagen erzielt hat, ruhig geworden. Im Schauspielhaus Salzburg hatte die Dramatisierung seines Romans „Solaris“ von 1961 am Mittwoch Premiere. Das Buch ist zwei Mal verfilmt worden. Die Bühnenversion, die Regisseurin Mona Kraushaar geschaffen hat, lässt nur ahnen, warum die Begeisterung für den Stoff einmal so groß gewesen ist.
Ort des Geschehens ist eine Raumstation auf dem fernen Planeten Solaris. Zur Zeit, als der Roman entstand, gehörte viel Fantasie dazu, sich vorzustellen, wie ein menschlicher Stützpunkt im All aussehen könnte. Inzwischen weiß man es, weil es eine Raumstation tatsächlich gibt. Der Vergleich mit der Ausstattung Katrin Kerstens fällt nicht zu ihren Gunsten aus. Amateurfunker haben spannenderes Equipment als die Theater-Raumfahrer. Aber das ist nicht so wichtig. Wichtig ist, was passiert. Es passiert Geheimnisvolles, Rätselhaftes. Damit könnte ja der Theaterabend gut herumgehen.
Bei Stanislaw Lem kommt der Astronaut Kelvin auf der Raumstation Solaris an und fühlt sich von Beginn an unwohl. Einer dort hat Selbstmord begangen, und die beiden anderen benehmen sich auffällig. Der eine, Snaut, ist ganz schön durchgeknallt. Harald Fröhlich hat Freude mit diesem Charakter und legt ihn so meschugge wie möglich an, indem er über die Bühne hastet, säuft, wirres Zeug redet und sich mit unsinnigen Bastelarbeiten beschäftigt. Das unterhält.
Der zweite, Satorius, ist angezogen wie ein Chauffeur kurz nach der Erfindung des Autos. Oliver Hildebrandt stattet diesen Typen auch mit seltsamer Betriebsamkeit aus, die nichts bringt, nichts ergibt. Die Regisseurin greift, um der Plattheit der Darstellung zu entfliehen, häufig zum Mittel des Videos.
Der Besucher der Raumstation fängt an zu meinen, dass er es mit Irren zu tun hat. Dieser Kelvin, gespielt von Johannes Gabl, hat eine angenehme Stimme. Er wird rasch selbst in etwas hineingezogen, was dazu führt, dass seine Verbindung mit der Realität abreißt: Seine frühere Geliebte, Harvey, die sich umgebracht hat, erscheint. Constanze Passin muss sich in dieser Rolle ihrem Partner immer wieder aufdrängen, was er manchmal duldet, aber oft stößt er sie auch zurück. Er ist sich nämlich nicht sicher, ob sie es wirklich ist oder nur ein Ergebnis von Selbstsuggestion. Das Publikum wird Zeuge einer reichlich verquasten Liebesgeschichte.
Eine Erklärung dafür, warum es auf dem Planeten Solaris so seltsam zugeht und warum die Menschen dort durchdrehen, wird auch gegeben: Schuld ist der Ozean auf dem Planeten. Das ist kein gewöhnlicher Ozean, das ist vielmehr ein mächtiges Wesen, mit dem nicht zu spaßen ist.
Von Seiten des Ensembles gibt es redliche Bemühung. Dass man auf der Raumstation am liebsten Bob Dylan hört, ist bemerkenswert.