asdf
 

Menschenjagd und Polospiel

FILMKRITIK / VENI VIDI VICI

24/09/24 Es ist nicht alltäglich, dass eine heimische Produktion seine Weltpremiere beim renommierten Sundance Film Festival feiert. Mit ihrem Spielfilm Veni Vidi Vici haben Daniel Hoesl, der an der FH Salzburg Multimedia Art studiert hat, und seine Regie-Partnerin Julia Niemann in den USA dort für Furore gesorgt.

Von Andreas Öttl

Die bitterböse Gesellschaftssatire von Hoesl/ Niemann über eine reiche Familie, die ein Leben ohne Konsequenzen führen kann, trifft zweifellos den Nerv der Zeit und behandelt ein Thema, dass zunehmend auch in Österreich nicht mehr zu ignorieren ist.

Dabei ist der reißerische Aufhänger des Films – reiche Menschen, die sich aus der Menschenjagd einen Spaß machen – gar nicht so neu. Bereits 1932 gab es eine Verfilmung von The Most Dangerous Game, einer Kurzgeschichte von Richard Connell, bei der ein reicher General auf seiner privaten Karibikinsel Jagd auf die dort gestrandeten Menschen macht. Seitdem haben vor allem Genrefilme die Geschichte in unterschiedlicher Qualität variiert. Nur selten wurde dabei jedoch die politische Dimension auf ernstzunehmende Weise behandelt. Dass die beiden österreichischen Filmemacher mit Veni Vidi Vici eine andere Agenda haben als nur Unterhaltung und Satire wird bereits mit dem Zitat klar, dass dem Film vorangestellt wird: „The point is, who will stop me?“ aus dem umstrittenen Buch The Fountainhead von Ayn Rand, welches von Silicon Valley Gurus sowie auch von Donald Trump geliebt wird.

Auch die von Laurence Rupp (passend schmierig) dargestellte Hauptfigur Amon Maynard bettelt beinahe darum, für seine Taten verantwortlich gemacht zu werden. Dies scheitert jedoch an der kollektiven Resignation der Medien sowie dem Opportunismus der Politiker. Diese Schlussfolgerung zeugt vom Scharfsinn der beiden Filmemacher, und es ist daher schlüssig, dass sie in der satirischen Überhöhung und Provokation das geeignetste Mittel sehen, die mit einem einigermaßen komfortablen Wohlstand – und der Angst, diesen wieder zu verlieren – ruhig gestellte Mitte der Gesellschaft wachzurütteln.

Ein Mittel dazu ist der süffisante Off-Kommentar der Teenager-Tochter von Amon Maynard, die von Olivia Goschner in ihrem Spielfilmdebüt köstlich gespielt wird. Die direkten Ansagen ans Publikum bleiben dennoch eher banal. Es sind vielmehr die Bilder und Töne des Films, die sich einprägen und eher imstande sind, eine Nachwirkung zu erzeugen. Die angewendeten Stilmittel (Hyperrealismus, schrille Sets sowie kühl und beiläufig inszenierte Schockmomente) werden dabei nicht jedem Zuseher gleichermaßen Freude bereiten.

Man nehme die Anfangssequenz: Nach der Einführung der Figur des Vaters und seiner ungewöhnlichen Freizeitaktivität erfolgt der Schnitt auf den Auftritt der Tochter bei ihrem Lieblingssport, dem Polospiel. Schöne und komplett in weiß gekleidete Menschen, ästhetisiert in klaren, hellen Bildern in Zeitlupe und musikalisch untermalt vom betörenden Terzett Soave sia il vento aus Così fan tutte. Wer von der Art, wie überzeichnet der Film die Welt der Superreichen hier portraitiert wird, nicht gefangen genommen wird, wird auch in weiterer Folge mit Veni Vidi Vici nicht viel anfangen können.

Veni Vidi Vicigehört zu jener Art von Filmen, von der es besser wäre, wenn es sie nicht geben müsste, die jedoch dennoch auf eine perverse Weise Spaß machen. Die Filmemacher würden wohl Michael Haneke zustimmen, der es in Bezug auf seinen letzten Film Happy End (2017) wie folgt formuliert hat: „Der Zustand der Welt kann als Drama nicht mehr erklärt werden, nur noch als Farce.“ Daniel Hoesl und Julia Niemann gehen dennoch mit ihren eigenen Werken neue Wege und sind mit ihrem frischen Blick – auch was die filmische Form betrifft – eine Bereicherung für die heimische Filmszene.

Bilder: venividivici.film

 

 

 

 

 

 

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014